Raus aus den grauen Wintertagen mit Himmeleinheitsgrau und Regen besuche ich die Bildungszeit* der Volkshochschule (VHS Bremen), einen einwöchigen Kurs zur Aquarellmalerei. Wie gewünscht wird die Woche zum echten Highlight und eröffnet mir eine neue Perspektive für meine Hobbykiste als Ruheständlerin. Bereits in den Herbstmonaten habe ich den Kursus bei Marianne Homburg* gebucht und freue mich seit langer Zeit auf dieses Kunstexperiment. Der Wochenendworkshop im Herbst zum ‚Botanical Sketching‘ war für mich so anregend, dass ich Lust bekommen hatte, nun in die verschiedenen Kunsttechniken näher einzusteigen. Allerdings waren meine bisherigen Erfahrungen gebuchter Kunstkurse nicht immer überzeugend.
Bei Marianne Hombug wird allerdings der Kurs zum wirklichen Erlebnis und bedeutet für mich eine Reise in eine ganz andere und aufregende Welt.
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M. Homburg, Magnolie
Vorlage für ein Blumenaquarell
Wir versuchen, unser Bestes zu geben, aber es braucht doch einiges an Erfahrung, um diese Qualität eines Aquarells zu erreichen.
Aquarellordnung
Wir lernen von Marianne: Die Organisation des Arbeitsplatzes ist das A und O. Es braucht nicht viel Equipment für den Anfang. Ein kleiner Aqarellkasten mit 12 Farben, 3-4 Pinsel und schweres Aquarellpapier (>250g Papier), damit das Wasser die Farbe gut aufnehmen kann, reichen für den Anfang.
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Auch im kreativen Bereich herrscht eine Arbeitsorganisation
So sieht die Anordnung aus: der Malkasten rechts, die beiden Wassergläser und die Unterlage mit den Pinseln.
Glühender Farbenrausch
Wir legen los und bekommen unseren ersten Arbeitsauftrag uns auszuprobieren. Nachdem die Basistechniken wie Lasur, Verlauf, Nass in Nass, Granulieren, Farbentfernung mit Hilfsmitteln oder Kratzen mit scharfen Gegenständen geklärt sind, dürfen wir ein bisschen experimentieren.
Die Fische sind unsere ersten Objekte. Siehe da, schon nach kurzer Zeit kommen sehr viele phantasievolle und farbenprächtige Bilder zum Vorschein. Bei den Tulpen geht es um Effekte, aber auch um ästhetische Aspekte. Die Farbenlehre spielt eine große Rolle, wenn wir schöne Farbkompositionen erreichen wollen.
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Die Sichtweise auf die Kunst
So geht es weiter im Kurs. Nach und nach kommen Verfeinerungen dazu. Zwischendurch gibt es mittels Beamer kleinere Intros der Dozentin, die wohl dosiert sind, dass es kaum Mühe macht, das Neue aufzunehmen und dies mit unseren neuen malerischen Erfahrungen zu verbinden. Marianne Homburg versteht es, alle Teilnehmer.innen ob Anfänger.innen oder Fortgeschrittene mitzunehmen und zu begeistern. Der Vormittag vergeht wie im Flug. Wie ein Schwamm sauge ich das Wissen auf, und ich möchte noch viel mehr erfahren. Wehmütig denke ich darüber nach, warum ich nicht schon viel früher in meinem Leben mit der Aquarellmalerei begonnen habe. Neben dem Arbeitsprozess, der Familie, der Pflichten war nie genug Zeit übrig geblieben, sich diesem Farbrausch hinzugeben und damit auseinanderzusetzen. Schade!
Aber jetzt: Die Bildungszeiten und Seminare der VHS bringen Farbe ins Leben. Neben dem Kursangebot von Marianne Homburg bietet die VHS viele Seminare zum Bereich Kunst an. Wer also auch einmal jenseits von Einkauf, Sport, Familie und Kochen auf einen anderen Geschmack kommen möchte, hier der Link: Marianne Homburg:
https://www.vhs-bremen.de/ueber-uns/unsere-dozentinnen/dozent/Homburg/389008
oder auch VHS Bremen, Bereich Kunst/Kultur: https://www.vhs-bremen.de/
In Bremen gibt es auch in den einzelnen Stadtteilen über Bürgerhäuser oder Initiativen Angebote zu Kunstveranstaltungen, siehe auch das DOKU – Dokumentation- und Kulturzentrum – in Bremen-Blumenthal: https://doku-blumenthal.de
Das Ausprobieren und das Einsinken in die Techniken ist nicht der einzige Aspekt, den ich mit meinem neuen ‚Bildungsprogramm‘ verfolge. Ich möchte auch gerne die Kunst besser verstehen. Ich merke, dass mit immer mehr Wissen um die Kunst-und Stilrichtungen, meine Hochachtung vor künstlerischen Meisterwerken steigt. Jetzt erst verstehe ich, warum für ein Kunstwerk so viel Geld für hochkarätige Exponate ausgegeben werden.
Aquarellieren – ein Fest für die Sinne
Aquarellfarben entfalten aufgrund ihrer sehr dichten Farbpigmente schöne satte Farben im Vergleich zum Tuschkasten, den wir alle noch aus der Schule kennen. Die Techniken sind ähnlich, aber die Ergebnisse sind nicht miteinander zu vergleichen. Eigentlich könnte man auch auf die Idee kommen, dass das Aquarellieren kinderleicht sei und gar keine Kunstrichtung ist. Die Farbe löst sich gut in Wasser auf, sie läuft in ungeahnte Richtungen und bringt viel Überraschendes zutage. Trotzdem brauchen wir für die Bilder ein gewisses Maß zeichnerischen Könnens, eine gute Vorstellung für die Bildkomposition sowie einen wohlüberlegten Plan für den Eintrag und die Reihenfolge der Farben. Es wird immer von hell nach dunkel aquarelliert. Unser Gehirn muss Schwerstarbeit erbringen, denn wir müssen das Sehen unter dem künstlerischen Aspekt schulen und ein optimales Arrangement für unser Bild finden. Ergänzend dazu müssen wir noch weitere Stilelemente in Betracht ziehen. Wo können wir abstrahieren oder auch Reduzierungen einarbeiten? Oft sind es die kleinen Dinge, die ein Bild interessant machen, dem Betrachtenden aber erst bei näherem Hinsehen auffallen.
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Urban Sketching, 1. Versuch – nicht perfekt, aber mal keine Blume oder Landschaft mit Himmel …
Wir bekommen viele Anregungen im Kurs, uns im Aquarellieren auszuprobieren; auch um zu sehen, welche Stilrichtung für den eigenen Geschmack passend ist.
Trotz des gleichen Motivs sehen die Bilder der Kursteilnehmer.innen sehr verschieden aus – sehr spannend.
Wir können nur staunen und bewundern die tollen Effekte. Marianne erklärt uns die akademische Arbeitsweise der Aquarellkunst mit all den raffinierten Techniken, die die Grundbasis sind für die wunderschönen Exponate, die wir alle aus den Kunstmuseen dieser Welt kennen wie Claude Monet mit seinen Seerosen, Paul Klee, Van Gogh und natürlich Emil Nolde mit seinen spektakulären Wolken- und Meerkompositionen.
Freude als Hobbykünstlerin
Mein neues Arbeitsprojekt – das Aquarellieren
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Aus dieser Fotografie zaubere ich ein Aquarell – demnächst…, das müsste doch möglich sein?
Ich habe gar nicht den Anspruch, ein Meisterwerk zu produzieren, geschweige, dass ich es gar nicht kann. Ich möchte einfach nur etwas Neues für mich ausprobieren, meine Sinne anregen und mich auch einmal mit kreativen und phantasievollen Dingen beschäftigen. Das ist das Salz in der Suppe meines Alltags.
Zukunftsmusik
Mit dem neuen Hobby erweitere ich meinen Horizont, lebe meine Kreativität aus und lerne auch etwas über neue, moderne Künstler.innen, die das Aquarellieren jetzt ‚Water Colouring‘ nennen und mit ‚Urban Sketching‘ verbinden. Ich bilde mich, lasse mein Gehirn nicht einschlafen und habe wieder Lust, ganz viele Bilder in den Museen zu betrachten.
Der Kurs endet mit dem Exkurs in die moderne Aquarellkunst. Wir sehen japanische Aquarelle von Rita Böhm, die in Deutschland diese Kunst lehrt sowie die sehr dunkel gehaltenen Aquarelle von Alvaro Castagnet, der internationale Höchstanerkennung genießt. Mir begegnen damit vollkommen neue Sichtweisen. Am Ende der Woche bin ich platt von dem vielen Neuen, aber auch sehr glücklich über diese gelungene Bildungswoche.
*Marianne Homburg, Diplom Kunsttherapeutin/-pädagogin gibt Kunstkurse bei der VHS, siehe auch in Bremen Blumenthal im DOKU.
*Bildungszeit der VHS: Es gibt zahlreiche Angebote zu verschiedenen Themenbereichen Sport, Kultur, politische Bildung. Die Bildungsveranstaltungen dauern i.d.R. fünf Tage und umfassen 30 Unterrichtsstunden. Für die Teilnahme gibt es für Bremer.innen keine Beschränkungen. Die Arbeitnehmer.innen mit einem Arbeitsplatz in Bremen haben einen Anspruch auf 10 Arbeitstage Bildungszeit innerhalb von zwei Jahren. Details siehe gesetzliche Grundlagen zur Verordnung über die Anerkennung von Bildungsveranstaltungen nach dem Bremischen Bildungszeitgestz vom 17. 10. 2017.
Lektüre für das neue Hobby, kleine Auswahl:
Aquarell-Malerei
Meisterschule Aquarell, DK Verlag / Kristina Jurick, Aquarellmalerei Himmel & Wolken, Christophorus Verlag
Urban Sketching
Ueli Biere: Nature Sketching, dpunkt Verlag / Isa Fischer: total lokal, Duplio Verlag / Till Lenecke, Urban Sketching, Schünemann Verlag
Moderne Aquarelltechnik
Japanische Tusche, Aquarell: Rita Böhm / https://www.sumi-e-berlin.de/de/rita-boehm/
Alvaro Castagnet: https://alvarocastagnet.net/shop/alvaro-castagnets-watercolour-masterclass-ebook/